ZEITEN DES UMBRUCHS - Armageddon Time
- Sabine Reichel
- Nov 28, 2022
- 2 min read
Regie und Drehbuch: James Gray Darsteller: Anne Hathaway, Anthony Hopkins, Jeremy Strong Michael Banks Repeta, Jaylin Webb
Genre: Drama, Coming-of-age
Filmlänge: 115 Min
Filmverleih Universal Pictures International Germany GmbH

Ich würde sagen, die Amerikaner haben praktisch das "coming of age" Genre erfunden. Und sie beherrschen es so souverän (und oft meisterhaft) wie Western, Bio-Pics und "court room dramas". Da ist "Zeiten des Umbruchs" - ein sehr unglückseliger Titel (das Original heisst "Armageddon Time") - keine Ausnahme. Wir (und der Film) sind mal wieder auf der Suche nach dem "American Dream, der in jeder Ära so verzweifelt gesucht wird. Dieser hier spielt in Queens, einem eher unaufregenden Vorort von New York, in dem besonders Juden und Schwarze (Afro Americans sagt man noch nicht oft in den 80ern) versuchen, miteinander klarzukommen.
Paul Graff (Michael Banks Repeta), ein sehr erfrischender und aufgeweckter Freigeist von 11 Jahren, will Künstler werden, denn er hat Talent und zeichnet fantastische Bilder - im Unterricht - was nicht gut ankommt. Auch nicht zu Hause. Er und sein Bruder sollen die Vorzeigekids werden und müssen unbedingt aufs College ordnet die Familie an. Doch ein geordnetes amerikanisches Leben so wie das seiner leicht liberalen klassisch jüdischen Familie ist nichts für Paul. Sicher, er liebt sie irgendwo alle: die überfürsorgliche, politische Mutter, mit Gusto gespielt von Anne Hathaway, den frustrierten, meckerigen Vater (Jeremy Strong), ein Klempner, und den wirklich unerträglich arroganten Streber von Bruder, aber Paul spürt nur Rebellion.
Der einzige Lichtblick in Pauls Leben ist sein in den USA zu Wohlstand gekommenen Immigranten-Grossvater (Anthony Hopkins), der Paul Malutensilien schenkt und ihn dazu auffordert, seinen Träumen zu folgen. Sonst versteht ihn nur sein neuer bester Freund und Schulkamerad, der schwarze mit Recht ziemlich skeptische Johnny (Jaylin Webb) aus dem Sozialbau-Ghetto, der unbedingt Astronaut werden will.
Der hat keine so bunte Familie ohne Geldsorgen, die sich um ihn kümmert, sondern nur eine sehr kranke arme Grandma, die ihn grossgezogen hat. Die Jungs, ein ungewöhnliches Paar von frechen Outsidern, die stören, klauen, kiffen, lachen und von einem total unabhängigen Leben träumen, zeigen in wunderbaren, so komischen wie auch berührenden Szenen wie schmerzlich und schwierig es ist, mit eigenen Ideen gegen Erwachsene zu kämpfen.
Dass Regisseur Gray in dem hübschen und pfiffigen Rotschopf Banks Repeta sein Alter Ego gefunden hat, ist ein Glücksfall, denn der Film lebt natürlich vor allem von einigen sehr starken Schauspielleistungen.
Die Dichte und Authentizität von Grays Film entsteht auch dadurch, dass er seine Geschichte nie nostalgisch verklärt, was bei diesem Genre allzuoft der Fall ist. Das Zeitkolorit ist angenehm nebenbei, Mode und andere Trends der 80er fängt er glaubhaft ein. Der Film hat eine Magie, der man sich nicht entziehen kann, denn man erkennt sich darin wieder, egal ob man einmal ein Junge oder Mädchen war. Um dann mit einem Schuss Entsetzen erkennen, dass man seinen Familien eben niemals wirklich entkommt, und dass Rebellion, Träume und Idealismus letztendlich zermalmt werden. Dann aber wieder gibt es eben diesen inspirierenden perfekten Film, der ja nie hätte gemacht werden können, ohne diese spezielle Kindheit von James Gray. Denn er ist ja irgendwie doch zu dem geworden, was er immer wollte....
Trailer:
https://www.youtube.com/watch?v=ZKLu3t-G9Do
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