SHE SAID
- Sabine Reichel
- Dec 10, 2022
- 2 min read
Darsteller*innen: Carey Mulligan, Zoe Kazan, Patricia Clarkson,
Andre Braugher, Jennifer Ehle, Samantha Morton
Regie: Maria Schrader
Drehbuch: Rebecca Lenkiewicz
Basierend auf den Recherchen der New York Times und dem Buch „She Said“ von
Jodi Kantor and Megan Twohey
Ausführende Produktion: Brad Pitt, Lila Yacoub, Megan Ellison, Sue Naegle
Verleih: Universal Pictures International Germany

Die New York Times - jene Zeitung, bei der die beiden Reporterinnen Jodi Kantor und Megan Twohey in Echtzeit an dem Fall Harvey Weinstein arbeiteten und daraus das Buch SHE SAID machten, nennt den Film "einen ruhigen Thriller, der Bände spricht!" Korrekt, denn wer auf reisserische Momente hofft, der wird enttäuscht sein - und das ist gut für diesen wichtigen Film.
Die deutsche Regisseurin Maria Schrader des gleichnamigen Films (ihrem ersten in Hollywood) hält sich klugerweise an einen pragmatischen Stil, der dem Film nicht etwa seine Wucht nimmt, sondern die nackten Fakten noch empörender macht. "Just the Facts!" ist ja auch der legendäre Satz des Kommissars, der eine ewig quasselnde Zeugin befragt, und stammt aus einer berühmten amerikanischen TV Polizei-Serie aus den späten 50er Jahren.
Wahrscheinlich erinnert sich fast jede Frau weltweit, dass im Jahre 2018 plötzlich eine wütende Riesenwelle von Beschwerden und Klagen über laufende sexuelle Belästigungen, Drohungen und manchmal sogar Vergewaltigungen im Berufsleben einer erstaunlich grossen Gruppe von Frauen in der amerikanischen Filmindustrie über den Megaproduzenten Harvey Weinstein (The English Patient, Good Will Hunting, Shakespeare in Love) hereinbrach. Was folgte war die Hashtag Revolte #MeToo, in der plötzlich Millionen Frauen aus ALLEN Schichten ihre unglaublichen Erlebnisse von sexuellen Übergriffen und nachfolgender Angst, Scham, Wut und Hilflosigkeit erzählten. Das Schweigen schien endlich gebrochen, der Aufschrei war eine Befreiung. Nur Harvey & Co (Trump gehört dazu) stritten ab, verharmlosten, bezichtigten Frauen der Lügen, bis herauskam, dass diese schmutzigen Methoden schon sehr lange Gang und Gäbe waren und öfter mit viel Geld an die Opfer verdeckt wurden.
Der Fokus des Films bleibt auf den beiden engagierten NYT Journalistinnen Jodi (Zoe Kazan) und Megan (Carey Mulligan). IHRE Arbeit, ihre Geschichte, ihr Durchhaltevermögen und ihr Wille, die Realität der permanenten Entmachtung, Erniedrigung und Verkleinerung der Frauen brutal deutlich zu machen, ist der Regisseurin wichtig. Und daher ist es klug, dass der Film relativ schnörkellos bleibt; so fehlen die typischen Ablenkungsmanöver, ohne die es ja selbst bei Doku-Spielfilmen selten geht.
Weinstein, selber zu einem gesichtslosen Niemand reduziert (ein Double von ihm ist kurz von hinten zu sehen), ist fast nur ein Symbol für Misogynie und wild wuchernden Grössenwahn und Chauvinismus. Allerdings wollten sich die Schauspielerinnen Rose McGowan und Gwyness Paltrow, beide Opfer von Weinsteins sexuellen Übergriffen, die an die Öffentlichkeit gingen, auch nicht zeigen, dafür aber Ashley Judd, die für ihre Zurückweisungen des hässlichen Lüstlings mit Rollenentzug in der ganzen Branche bestraft wurde. Sind Frauen zu feige? Das wäre einer der Gründe, die solchen Männern und dem gesamten System die Macht über Frauen behalten lässt. Das nur nebenbei mal gefragt.
Die einzige "Schwäche" des Films sind die relativ unklaren, überdramatisierten und unnötigen Rückblicke einiger Anklägerinnen, und Szenen aus dem Privatleben der beiden Reporterinnen (sie sind junge Mütter mit sehr verständnisvollen Männern). Aber es bleibt dabei: Jeder Artikel, jeder Film, jedes Dokument, egal wie und wo, die Frauen Stimmen und Aufmerksamkeit geben, werden dringend gebraucht. Mehr davon. Bitte keinen Teil 2 namens HE SAID. Irgendwie kennen wir nämlich die Antworten, oder?
Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=i5pxUQecM3Y
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