KILLERS OF THE FLOWER MOON
- Sabine Reichel
- Oct 28, 2023
- 3 min read
REGIE: Martin Scorsese
Drehbuch: Martin Scorsese, Eric Roth
Darsteller*innen: Leo DiCaprio, Robert De Niro, Lily Gladstone, Jesse Plemons, Larry Sellers, Louis Cancelmi, Brendan Fraser u. v. a.
Cutterin: Thelma Schoonmaker
Genre: Drama, Western, History
Land: USA
Verleih: Paramount Pictures Germany GmbH.
Länge: 207 Min
RATING: ***** von 5
Ein verstörendes Meisterwerk nannte die New York Times Martin Scorseses epischen Film KILLERS OF THE FLOWER MOON - und verstörend ist es wirklich. Ein Meisterwerk auch.
Die Cowboy Romantik und 50er Jahre Hollywood Western, in denen die wilden, halbnackten, federgeschmückten "Rothäute", die Feuerwasser tranken, auf ihren Mustangs durch die Prärie galoppierten, und die weissen Cowboys gerne mal skalpierten und deren jungfräuliche Verlobten vergewaltigten, habe ich als Kind noch gesehen. Dass es alles Lügen waren, wusste ich damals nicht. Auch nicht, dass den Indianern das Land gehörte, bis die Weissen kamen und sie verjagten...
Die Wahrheit ist bedeutend brutaler und tragischer als die alten Filme. „Killers of the Flower Moon“ ist ein 3 1/2 stündiges Epos vom Oscar-prämierten Regisseur Martin Scorsese über die zahlreichen mysteriösen Morde an Angehörigen des Osage Stammes in Oklahoma, Ureinwohner Amerikas, die in den 1920er Jahren über Nacht zu den reichsten Menschen der Welt wurden, nachdem Öl auf ihrem Land entdeckt wurde. Die Geschichte basiert auf erschreckend realen Ereignissen über die bis heute nie gesprochen wurde, auch wenn das damals neue FBI Untersuchungen unternahm, und wird anhand einer ungewöhnlichen Liebe zwischen Ernest Burkhart (Leonardo DiCaprio) und Mollie Kyle (Lily Gladstone) erzählt.
Ernest, junger ex-Bürgerkriegssoldat, kommt in die Stadt, um mit seinem ausgebufften, reichen Schlawiner von Onkel, William Hale (ein sehr glatter aber böser Robert De Niro), ein Viehhändler, der sich gerne als "König der Osage Hills" vorstellt, zu leben. Onkel Bill findet die Osage-Indianer zwar die "finest, wealthiest and most beautiful people on God’s earth,” aber er ist neidisch und genau dieser spektakuläre Reichtum interessiert den geldgierigen Prärie-Oligarchen am Meisten.
In dieser neuen, quirligen Welt, die auf Öl-Vermögen aufgebaut ist, trifft Ernest Mollie Kyle (Lily Gladstone, eine großartige Schauspielerin mit indianischen Wurzeln), eine charismatische und reiche Osage Frau mit neugierig beobachtenden Augen und einer bunten indianischen Decke, die sie elegant über die Schulter drapiert wie eine königliche Robe. Sie flirten und sind bald verheiratet, scheinbar glücklich, aber Ernest, immerhin Erbe, ist auch hinter ihrem Landbesitz her. Mollie muss verschwinden... aber wie? Ernest hat einen schrecklichen Plan.
Die beiden Schauspieler ergänzen sich perfekt auf eine natürliche Art. Das grösste Problem sind diese künstlich runtergezogenen Mundwinkel von Leo, die nicht nur unangenehm säuerlich wirken, sondern auch wie eine Kopie von De Niros seltsamer Grimasse, die er seit 25 trägt wie eine Designermarke. Aber das sind relativ kleine Irritationen für so einen grandiosen Film.
Scorsese und sein Team arbeiteten vor und während der Produktion des Films direkt mit der Osage Nation zusammen, um in die Sprache und Kultur einzutauchen und Informationen aus Familiengeschichten für eine tiefgründige und nuancierte Darstellung zu sammeln. Und diese Sorgfalt zahlt sich aus. Der Film wirkt authentisch und die rassistischen Greueltaten an den Indianern sind niederschmetternd und leider wahr. Man muss sich vorstellen, dass die Regierung ein perfides System ausarbeitete, das ihnen Kontrolle über die Indianischen Stämme und ihre Rechte an ihrem Land und Reichtum gab. Natürlich waren der Neid und die Geldgier der "Weisshäute" riesig, und sie etablierten sich als "Betreuer" der angeblich "inkompetenten" Indianer, denn sie wollten das Land haben, egal wie, durch Heirat, Schwindel, Korruption - und als Zufälle getarnten Mord.
Nur wer so erfahren und begabt ist wie Marty Scorsese, schafft ohne Mühe, verschiedene Genres zu einem einzigartigen Film zu vermischen. Und so ist der Film eine faszinierende Mischung aus Romanze, Western, Familiendrama, Krimi und letztendlich ein Requiem für die unschuldigen Toten, die Amerika verraten, verkauft und nahezu ausgerottet hat.
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